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Gemaelde hervorgetreten und vor seinem Ebenbilde vorbeigeschritten sei. Wahrheit
und Irrtum habe sich dabei so sonderbar vermischt, und man habe wirklich sich
ueberzeugt, dass die Koenigin die eine Gestalt nicht sehe. Madame Melina ward bei
dieser Gelegenheit sehr gelobt, dass sie bei dieser Stelle in die Hoehe nach dem Bilde
gestarrt, indes Hamlet nieder auf den Geist gewiesen.
Man erkundigte sich, wie das Gespenst habe hereinschleichen koennen, und erfuhr
vom Theatermeister, dass zu einer hintern Tuere, die sonst immer mit Dekorationen
verstellt sei, diesen Abend aber, weil man den gotischen Saal gebraucht, frei geworden,
zwei grosse Figuren in weissen Maenteln und Kapuzen hereingekommen, die man
voneinander nicht unterscheiden koennen, und so seien sie nach geendigtem dritten
Akt wahrscheinlich auch wieder hinausgegangen.
Serlo lobte besonders an ihm, dass er nicht so schneidermaessig gejammert und sogar
am Ende eine Stelle, die einem so grossen Helden besser zieme, seinen Sohn zu
befeuern, angebracht habe. Wilhelm hatte sie im Gedaechtnis behalten und versprach,
sie ins Manuskript nachzutragen.
Man hatte in der Freude des Gastmahls nicht bemerkt, dass die Kinder und der
Harfenspieler fehlten; bald aber machten sie eine sehr angenehme Erscheinung. Denn
sie traten zusammen herein, sehr abenteuerlich ausgeputzt; Felix schlug den Triangel,
Mignon das Tamburin, und der Alte hatte die schwere Harfe umgehangen und spielte
sie, indem er sie vor sich trug. Sie zogen um den Tisch und sangen allerlei Lieder. Man
gab ihnen zu essen, und die Gaeste glaubten den Kindern eine Wohltat zu erzeigen,
wenn sie ihnen so viel suessen Wein gaeben, als sie nur trinken wollten; denn die
Gesellschaft selbst hatte die koestlichen Flaschen nicht geschont, welche diesen Abend
als ein Geschenk der Theaterfreunde in einigen Koerben angekommen waren. Die
Kinder sprangen und sangen fort, und besonders war Mignon ausgelassen, wie man sie
niemals gesehen. Sie schlug das Tamburin mit aller moeglichen Zierlichkeit und
Lebhaftigkeit, indem sie bald mit druckendem Finger auf dem Felle schnell hin und her
schnurrte, bald mit dem Ruecken der Hand, bald mit den Knoecheln daraufpochte, ja
mit abwechselnden Rhythmen das Pergament bald wider die Knie, bald wider den Kopf
schlug, bald schuettelnd die Schellen allein klingen liess und so aus dem einfachsten
Instrumente gar verschiedene Toene hervorlockte. Nachdem sie lange gelaermt hatten,
setzten sie sich in einen Lehnsessel, der gerade Wilhelmen gegenueber am Tische leer
geblieben war.
"Bleibt von dem Sessel weg!" rief Serlo, "er steht vermutlich fuer den Geist da; wenn er
kommt, kann's euch uebel gehen."
"Ich fuerchte ihn nicht", rief Mignon; "kommt er, so stehen wir auf. Es ist mein Oheim, er
tut mir nichts zuleide." Diese Rede verstand niemand, als wer wusste, dass sie ihren
vermeintlichen Vater den "Grossen Teufel" genannt hatte.
Die Gesellschaft sah einander an und ward noch mehr in dem Verdacht bestaerkt, dass
Serlo um die Erscheinung des Geistes wisse. Man schwatzte und trank, und die
Maedchen sahen von Zeit zu Zeit furchtsam nach der Tuere.
Die Kinder, die, in dem grossen Sessel sitzend, nur wie Pulcinellpuppen aus dem
Kasten ueber den Tisch hervorragten, fingen an, auf diese Weise ein Stueck
aufzufuehren. Mignon machte den schnurrenden Ton sehr artig nach, und sie stiessen
zuletzt die Koepfe dergestalt zusammen und auf die Tischkante, wie es eigentlich nur
Holzpuppen aushalten koennen. Mignon ward bis zur Wut lustig, und die Gesellschaft,
sosehr sie anfangs ueber den Scherz gelacht hatte, musste zuletzt Einhalt tun. Aber
wenig half das Zureden, denn nun sprang sie auf und raste, die Schellentrommel in der
Hand, um den Tisch herum. Ihre Haare flogen, und indem sie den Kopf zurueck und alle
ihre Glieder gleichsam in die Luft warf, schien sie einer Maenade aehnlich, deren wilde
und beinah unmoegliche Stellungen uns auf alten Monumenten noch oft in Erstaunen
setzen.
Durch das Talent der Kinder und ihren Laerm aufgereizt, suchte jedermann zur
Unterhaltung der Gesellschaft etwas beizutragen. Die Frauenzimmer sangen einige
Kanons, Laertes liess eine Nachtigall hoeren, und der Pedant gab ein Konzert
pianissimo auf der Maultrommel. Indessen spielten die Nachbarn und Nachbarinnen
allerlei Spiele, wobei sich die Haende begegnen und vermischen, und es fehlte
manchem Paare nicht am Ausdruck einer hoffnungsvollen Zaertlichkeit. Madame Melina
besonders schien eine lebhafte Neigung zu Wilhelmen nicht zu verhehlen. Es war spaet
in der Nacht, und Aurelie, die fast allein noch Herrschaft ueber sich behalten hatte,
ermahnte die uebrigen, indem sie aufstand, auseinanderzugehen.
Serlo gab noch zum Abschied ein Feuerwerk, indem er mit dem Munde auf eine fast
unbegreifliche Weise den Ton der Raketen, Schwaermer und Feuerraeder
nachzuahmen wusste. Man durfte die Augen nur zumachen, so war die Taeuschung
vollkommen. Indessen war jedermann aufgestanden, und man reichte den [ Pobierz całość w formacie PDF ]

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